Heute Morgen spülte mir Martin Weigert (@martinweigert) via Retweet die Schlagzeile „Social Networks: Ein erneuter Abgesang auf XING“ in die Timeline. Mein erster Gedanke deckt sich mit der Antwort von Nico auf diesen Tweet: Schon wieder?

pic: XING Logo

Allein die Überschrift sagt schon vieles über solche Aussagen. Wenn man erneut einen Abgesang auf etwas bekannt gibt, muss es ja schon mindestens 1x nicht eingetreten sein. Ja, ich lese auch oft, dass manche XING nur noch als Adressbuch nutzen. Ja, ich lese auch oft, dass viele von XING bzw. den teils nervigen Kontaktanfragen vollkommen unbekannter Personen wie auch den Eventeinladungen zu vollkommen unpassenden Veranstaltungen genervt sind. Und ja, dies kann man durchaus als Problem betrachten und ich kann es zu einem gewissen Teil auch nachvollziehen.

Mir ist der Artikel von Jürgen Vielmeier (@leidartikel) stellenweise zu oberflächlich, stellenweise auch schlecht recherchiert und am Ende gehen Überschrift und Inhalt doch recht weit auseinander.

Los geht es schon mit der Einleitung, dass die Rollenverteilung seit Jahren so sei, dass XING das Adressbuch ist und Facebook das Netzwerk für Events. Wenn dem tatsächlich so ist, dann scheint es sich zu lohnen, denn wenn ich lese, dass die Geschäftszahlen und auch die Besucherwerte stabil sind bzw. sogar ansteigen, dann macht dieses „Adressbuch“ ja alles richtig, oder?

Die „Blase“ ist nicht repräsentativ

Mit als Anlass für seinen Abgesang führt Jürgen eine Umfrage unter seinen Followern an, ob und wie diese XING noch nutzen. Liegt hier nicht schon das erste „Problem“? Die Umfrage findet in der Blase statt, in der wir uns so gern bewegen. Die Nutzer von Twitter sind mAn nicht Grundlage dafür, eine solche Aussage als allgemein verbindlich zu sehen. Es ist eine bestimmte Gruppe die schon im Hinblick auf Facebook vollkommen anders tickt, als die wesentlich grössere Anzahl der Nutzer des blauen Riesen. Genau so verhält es sich auch bei XING. Der geneigte Twitterer mag XING in der Mehrzahl „nur“ noch als Adressbuch nutzen bzw. sehen, repräsentativ ist es damit aber nicht. Dies behauptet Jürgen auch nicht, lässt manche Aussagen aber doch recht pauschal im Raum stehen bzw. unterlegt sie mit Aussagen, die sich mit XING selbst gar nicht befassen.

Vergleich Facebook vs XING hinkt

Einen grossen Anteil des Artikels geht es offenbar darum, dass das allgemein sinkende Interesse an sozialen Netzwerken zu Lasten von XING gehen könnte und Facebook das deutsche Business-Netzwerk als Adressspeicher ablöst. Dieser „Vergleich“ ist es auch, der mich am Artikel am meisten stört. XING mit LinkedIn vergleichen ok – aber mit Facebook? Das hinkt vorne und hinten.

Früher habe ich XING primär fürs Business und Facebook eher für die privaten Kontakte genutzt. Diese Trennung hege ich nicht mehr ganz so stark und nehme durchaus auch geschäftliche Kontakte in meinen „Freundeskreis“ bei Facebook auf. Das liegt aber auch eher daran, dass sich bei mir (und sicher auch vielen anderen) das „Business“ nur recht schwer von „Privatem“ trennen lässt. Für mich gibt es hier einen recht fliessenden Übergang, welcher sich eben auch auf die Kontaktnetzwerke auswirkt.

Aber Facebook als Adressbuch für meine Kontakte zu nutzen? Das kann ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen. Würde auch schon daran scheitern, dass beim blauen Riesen nur wenige meiner Kontakte Ihre Anschrift oder eine Telefonnummer bzw. E-Mail Adresse einsehbar hinterlegt haben. Auch nicht wenige sind mit „lustigen“ Fake-Namen unterwegs und wenig aussagekräftigen Profilbildern.

Beide Netzwerke haben mAn signifikante Unterschiede in der Ausrichtung und in der Zielgruppe und dies ist auch begrüssenswert. Ob sich dies in der Zukunft ändert muss man abwarten, Anzeichen hierfür kann ich jedoch nicht wirklich erkennen.

XING ist nicht zu kompliziert

Als negativ bzw. zu kompliziert führt Jürgen z.B. auf, dass man zum Lesen der Geburtstagswünsche erst die Plattform besuchen müsse, die Bestätigung von Kontakten und schreiben von Nachrichten sei zu schwierig, zu schwerfällig.

Keine Ahnung, wie er seine Geburtstagsgrüsse bekommen hat, aber wenn es in Form einer XING-Nachricht war, scheint Jürgen sich schon längere Zeit nicht mit den XING Einstellungen beschäftigt zu haben. Denn der Nachrichtentext kann bereits seit gefühlten Ewigkeiten mit in der Benachrichtigungs-E-Mail dargestellt werden.

XING Benachrichtigungseinstellungen

Weiter schreibt er

Das deutsche Social Network macht einem den Besuch nicht gerade schmackhaft. Angemeldet zu bleiben, funktioniert nur im Prinzip. Anders als bei Facebook muss man sich bei jedem Besuch immer wieder einloggen.

Dies mag so sein, wenn man über Wochen oder Monate XING nicht nutzt. Bei mir wird sowohl XING, Twitter, G+ und Facebook automatisch bei Browser-Start aufgerufen und erneut einloggen muss ich mich bei XING meist nur, wenn Chrome mal wieder ein Browser-Update durchgeführt hat. Ist das schlimm? Es geht bequemer, ok. Aber der „Aufwand“ einen Benutzername und ein Passwort einzugeben ist doch überschaubar. Anders betracht ist XING mit der Aufforderung zum LogIn doch auch ein Stück weit „sicherer“ als Facebook.

Ein weiterer Kritikpunkt von Jürgen:

Einfach durch alle Kontaktanfragen durchgehen und jeweils mit einem Klick abnicken, geht nicht. Xing fordert von mir das Öffnen eines Nachrichtenfensters, um einen Kontakt zu bestätigen. Die Reaktionszeit beträgt Sekunden, der ganze Bestätigungsprozess damit Minuten. Als Nutzer ärgert man sich.

Das stimmt, die Annahme von „Freunden“ geht bei Facebook etwas schneller als die Kontaktannahme bei XING. Als besonders positiv sehe ich dies allerdings nicht, ganz im Gegenteil. Ich bedauere es sogar, dass die früher verpflichtende Nachricht im Zuge der Kontaktanfrage nun nur noch optional und zudem recht gut versteckt ist. Die aussagelosen Anfragen von Leuten, welche man nicht kennt und auch nicht richtig zuordnen kann, hat mich bei Facebook schon immer gestört, seit geraumer Zeit überträgt sich dies auf XING ebenso. Die Nachricht bei der Bestätigung einer Kontaktanfrage ist jedoch ebenso optional und dass der Bestätigungsprozess Minuten dauert ist Quatsch. Es sind 2 Klicks und ich brauche dafür nur wenige Sekunden. Da ich bei XING den Kontakten Tags zuweise und bei Facebook die „Neu-Freunde“ in entsprechende Listen packe, ist der Prozess der Bestätigung in beiden Fällen vergleichbar lang oder kurz, wie man gern möchte.

Das Fazit?

Nun darf man die Aussagen des Artikels als persönliche Meinung sehen und als solche auch akzeptieren – jeder nutzt Netzwerke anders, so what. Aber im letzten Teil des Artikels schmeisst Jürgen mit Aussagen um sich, die bei mir reihenweise Fragezeichen hervorrufen.

Das Interesse an den sozialen Netzwerken nimmt ab, so schreibt er beispielsweise und dies wäre wohl die grösste Gefahr für das Geschäftsnetzwerk aus Hamburg. In der Folge führt er hier jedoch Artikel und Statistiken auf, in welchen XING überhaupt nicht vorkommt. Ganz im Gegenteil. Baut er seinen ganzen Artikel so auf, dass im Fazit Facebook der Gewinner sei und Profiteur des sinkenden Interesses an den Netzwerken, so beschäftigen sich die meisten der verlinkten Artikel mit dem Verlust von Nutzern bei Facebook sowie dem Nachlassen des Interesses an Facebook selbst.

Der Schluss und somit Jürgens Fazit

Wenn Facebook zu einem besseren Adressspeicher verkäme, bräuchte man Xing dafür nicht mehr. Und dann wiederum mutet es seltsam an, sich auf Facebook beim Personalchef eines Unternehmens nach einem Job zu erkundigen. Hier wäre Xing nach wie vor der seriösere Weg. Abgesänge hat man sich bei Xing schon oft anhören müssen. Dafür schlägt man sich nach wie vor erstaunlich gut. Diesmal aber ist es so weit. Wieder einmal. Müsste eigentlich.

sagt nun was genau aus? Er schreibt selbst, dass für manche Dinge der Weg über XING der seriösere ist aber diesmal müsste es ja so langsam mal zu Ende gehen.

Wie ich vor längerem schon einmal ausgeführt hatte, so finde ich es schade, dass man eher Pessimusmus walten lässt. Warum? Weil es sich besser liest bzw. solche Überschriften besser ziehen? Was ist nun das Fazit des aufgeführten Themas? Wirklich schlau geworden bin ich aus dem Artikel nicht. Doch, eines habe ich schon mitgenommen: der Hype um Facebook ist wohl nun so langsam vorbei, aber das hat man wohl als geneigter Leser bei Aufruf des Artikels eher nicht erwartet…


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