Am Donnerstag, als ich gerade im Zug auf dem Weg nach Freiburg war, tickerte in meiner Twitter-Timeline der neue Dienst von Google pausenlos durch. Sein Name: Google+

Da ich bis einschliesslich Samstag Abend nur sehr eingeschränkt Internetverfügbarkeit hatte und ich mich diesem neuen Thema auch ungern zuerst mobil widmen wollte, habe ich zwar ziemlich viel dazu gelesen was ich via Twitter dazu erhaschen konnte, aber Einrichtung des Profils etc. wollte ich dann erst in Ruhe am Wochenende vornehmen.

Torsten war so frei mir einen Invite zukommen zu lassen. Als ich diesen dann jedoch am Samstag Abend nutzen wollte, bin ich lediglich auf einer Seite gelandet, welche wohl viele zu sehen bekamen. Google+´s Kapazitäten seien vorerst ausgelastet und man solle es später noch einmal versuchen. Mit dem Invite von Eveline klappte es dann am Sonntag Mittag aber doch noch.

mein erster Eindruck

Da ich bereits einige Beschreibungen und Eindrücke von anderen gelesen hatte, war ich schon ziemlich gespannt, klangen doch die meisten sehr begeistert. Auch mein erster Eindruck ist durchaus positiv. Gewisse Ähnlichkeiten zum blauen Wettbewerber sind nicht zu übersehen, dies wird aber sicher auch so gewollt sein. ;) Die Oberfläche wirkt sehr aufgeräumt und übersichtlich. Die grundlegenden Funktionen erschliessen sich ziemlich schnell und man findet sich gut zurecht.

Andere Dinge sind mir – bis dato – jedoch noch nicht so recht klar bzw. habe ich noch nicht herausgefunden, wie man es anstellt oder warum es so ist. So erhalte ich Benachrichtigungen, ich wurde von XY auf Google+ hinzugefügt, in meinem Profil an der Stelle „Steve in Kreisen von anderen“ bleibt aber die 1 stehen. Vermutlich ein Bug!? Aber im Moment für mich etwas irritierend. Ebenso habe ich bisher noch nicht die Möglichkeit gefunden, Menschen nach Orten zu suchen. Gebe ich z.B. Jena ein, so werden Leute angezeigt, bei denen Jena im Vor- oder Nachnamen vorkommt. Eine erweiterte Suche wäre hier hilfreich. Da Google+ im Moment aber eine Beta ist, wird es hier sicherlich noch einige Änderungen und Anpassungen geben.

Google+ vs. Facebook & die Macht im SocialWeb

Hat Google+ die Möglichkeit, ein ernsthafter Konkurrent für Facebook zu werden oder die Blauen sogar vom SocialNetwork-Thron zu stossen? Nach so wenigen Tagen ist dies meiner Ansicht nach nur sehr schwer zu beurteilen. Im Moment stürzen sich auch zu allererst die Leute darauf, die sowieso viel im Web unterwegs sind und sehr aktiv auch mit SocialNetworks arbeiten. Allein nur mit diesen (ich zähle mich dazu) wird ein Erfolg jedoch nicht machbar sein. Es braucht eine kritische Masse. Aber die EarlyAdopter haben dennoch eine sehr wichtige Funktion, da sie schlichtweg auch als Multiplikatoren fungieren. Allein das Schreiben von Blogartikeln zum Thema und die Veröffentlichung der eigenen Eindrücke hilft vielen anderen wiederum sich ein Bild zu machen und damit die Entscheidung für oder gegen eine Anmeldung zu treffen.

Auch das Thema Datenschutz spielt natürlich eine entscheidende Rolle. Bianca hat in Ihrem Blog-Artikel „How To: So schützt Du Deine Daten bei Google+“ sehr ausführlich beschrieben, welche Einstellungen man vornehmen kann. Bei Johnny Haeusler von spreeblick.de kann man auch erste Eindrücke lesen. Er bringt auch ein Thema zur Sprache, welches nicht zu unterschätzen ist: die Machtverteilung im SocialWeb bzw. im Web allgemein. Im Moment gibt es Google für Suche und Email, Facebook deckt die privaten Wünsche nach einer Vernetzung mit Freunden und Bekannten ab und Twitter ist für die schnelle und präzise Echtzeitkommunikation „zuständig“.

Google+ hat nun aber durchaus die Absicht viele Funktionen von Facebook und Twitter (und noch einigen anderen Diensten wie Skype, Flickr etc.) zu integrieren und die anderen, externen Dienste somit überflüssig zu machen. Würde also ein Grossteil zu Google+ abwandern hätte Google neben dem Wissen über unsere Such- und Mailgewohnheiten auch noch recht detailiert Informationen zu unseren allgemeinen und speziellen Interessen, kennt unsere Freunde und Bekannte und weiss, wie wir zu diesen stehen und erfährt auch all das, was wir eben nur bestimmten Leuten (Circlen/Kreisen) mitteilen. Ob dies nun gut oder schlecht ist bleibt abzuwarten und zudem muss auch jeder selbst entscheiden wem er welche Daten anvertraut.

Gründe, warum Google+ dem aktuellen Platzhirsch Facebook gefährlich werden kann gibt es viele. 10 treffliche Gründe hat z.B. Jan Tißler von t3n.de beschrieben. Ich persönlich mag Facebook ganz gern, stosse mich aber schon an einer – aus meiner Sicht – zunehmen Arroganz, mit welcher man von Seiten der Blauen agiert. Allein die Tatsache, einfach mal über Nacht neue Funktionen und Möglichkeiten einzuführen und die zugehörigen Einstellungen pauschal auf Opt-out zu setzen missfällt mir. Nicht, weil ich mich selbst damit überfordert fühle – nein, vielmehr weil ich glaube, dass die Masse der „normalen“ Nutzer damit überfordert ist.

Warum ich mich bei Google+ angemeldet habe? Nun ja, mich interessiert vieles was mit dem SocialWeb zu tun hat und aus diesem Grund schaue ich mir natürlich auch gern neue Dinge an. Allein schon um zu beurteilen, ob mir dieser Dienst etwas bringt, mir hilft und mich im privaten und/oder beruflich Leben unterstützten kann etc. Auch als Diaspora aufkam habe ich mich registriert, dort jedoch verfestigt sich der Eindruck, dass nicht wirklich etwas passiert. Liegt vermutlich an der kritischen Masse und der Bekanntheit des Namens. Beides bringt Google ohne Frage mit und dies fördert die Chance einen bedeutenden Gegenpol zu Facebook zu etablieren. Wenn dem so wird heisst es aber auch, ein weiteres Netzwerk zu pflegen und mit Informationen zu „füttern“.

Bisher nutze ich XING für mein berufliches Netzwerk und Facebook für den privaten Bereich. Hinzu kommen verschiedene Facebook-Pages für meine entsprechenden Projekte. Nun noch ein weiteres Netzwerk, in dem ich auf neue Blogposts von mir hinweise, interessante Webfundstücke und Meinungen und Gedanken mit anderen teile etc.? Klar ist, dass – sofern es denn so kommt – Google+ nicht über Nacht an Facebook vorbeiziehen wird. Also wird es nicht ausbleiben, zumindest für eine gewisse Zeit parallel zu agieren.

Fazit

Für den Stand einer Beta finde ich es sehr gelungen. Google hat einige Mankos und missing Features von Facebook aufgegriffen und sehr gut umgesetzt. Die weiteren Anpassungen und Änderungen werden sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Klar ist aber auch, dass Facebook nicht so seelenruhig warten wird, vom Thron gestossen zu werden. So wie Google+ von Facebook Dinge abgeschaut hat, wird nun sicher Facebook von Google+ Features und Ideen in sein Netzwerk einbringen. Facebook hat im Moment einfach auch die kritische Masse mit seinen 750 Millionen Nutzern und muss somit auch nicht in Panik verfallen.

Das Google+ Twitter verdrängen wird glaube ich persönlich nicht. Bei Twitter agiere ich mehr oder minder autark von einem der üblichen sozialen Netzwerke da Twitter irgendwie ganz anders, ganz speziell ist. Da mag ich das knappe, auf den Punkt gebrachte. Will ich dies tatsächlich auch in einem SocialNetwork wie Facebook oder eben Google+ integriert? Für mich kann ich diese Frage ganz klar mit Nein beantworten.

Die kommenden Wochen und Monate werden nun zeigen, wie sich der Neuling und der „alte Hase“ entwicklen und was das „Wettrüsten“ im SocialWeb für die Nutzer an Neuem bringt.

weiteres lesenswertes zu Google+:

Möge die Macht in den sozialen Medien verteilt sein – Stefan Pfeiffer

Der Early Adopter und seine Panik vor dem virtuellen Identitätsverlust – Andre Vatter

Warum Google+ etwas richtig großes werden kann – Jens Schröder

Späte Quittung für Facebook: Wenn man Nutzer zu oft vor den Kopf stößt – Martin Weigert

ePaper zu Google+ – Torsten Maue

Unmittelbar nach der Bekanntgabe von Google+ hat sich auch jemand gefunden, diesem Thema (und weiteren Google-Themen) einen eigenen Blog zu widmen. Schön, dass auch hier Jena mal wieder ganz vorn dabei ist… ;) – Der (inoffizielle) Google+ Blog bietet viele interessante und hilfreiche Tipps und Tricks für den Einstieg in Google+.

Wie seht Ihr das neue soziale Netzwerk? Welche Vor- und Nachteile habt ihr bisher erkannt? Warum findet Ihr es gut oder eben gerade nicht gut? Braucht es überhaupt einen Gegenpol zu Facebook?

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