Jeden Sonntag Abend kommt der Polittalk mit Anne Will in der ARD. Ich schaue es nicht regelmässig, hängt einfach vom Thema ab. Als ich heute vernommen habe, dass Sascha Lobo einer der Gäste sein wird, hatte ich mich sehr auf die Sendung gefreut und war gespannt. Das Thema des Abens lautete „Moderne Job-Nomaden – mobil, heimatlos, ausgebrannt?“.
Leider ging der Grossteil der Sendung und die entsprechenden Diskussionen für mich am Thema vorbei. Da sagt z.B. Frau Neumann, dass man ja in ihrem Unternehmen, einer Gebäudereinigung, flexibel sein müsse, da der Kunde dies erwarte. Hallo? Natürlich erwartet dies der Kunde. Wenn man sich selbst einmal in die Kundenrolle begibt würde man doch auch nichts anderes erwarten, oder?
Im Grossteil der 60 Minuten ging es um allgemeine arbeitsmarkt-politische Probleme, die man gefühlt alle 4-5 Wochen in einer Talk-Sendung diskutiert. Es ging um Burnout, Niedriglöhne, Zeitarbeit. Sicher, alles wichtige Themen die auch angepackt werden müssen. Aber meiner Ansicht nach hat dies nichts mit der Mobilität an sich zu tun, was dann doch immer wieder als Grund in den Raum geworfen wurde.
Die Mobilität hat Vor- und Nachteile. Mobilität hat auch etwas mit Flexibilität zu tun – Flexibilität zieht aber nicht zwingend Mobilität nach sich. Und Flexibiltät empfinde ich als eine Selbstverständlichkeit, die aber auch Grenzen hat. Aber weder das Eine noch das andere sorgt allein für einen Burnout, für Zeitarbeit oder Niedriglöhne. Alle schreihen nach billiger, noch mehr Rabatt etc. – woher soll das Geld für mehr Lohn denn dann kommen? Unternehmen sind keine Sozialeinrichtungen sondern müssen Gewinn erwirtschaften um das eigene Überleben zu sichern. Ohne dieses können sie nämlich gar nicht den „sozialen Aufgaben“ nachkommen – nämlich Jobs zu schaffen und Mitarbeiter fair und angemessen zu bezahlen. Dies wollen viele Firmen nämlich gern. In den Medien stellt man jedoch gern Unternehmen dar, die ernorme Gewinne erwirtschaften und dennoch Leute entlassen, mit Niedriglöhnen abspeisen oder extreme Managergehälter zahlen. Dies wird dann wohl von der Bevölkerung als allgemeine Definition von Unternehmen aufgefasst, entspricht jedoch meiner Ansicht nach nicht der Realität.
In unserem schönen Land gibt es immer noch viel zu viele Menschen die gern einen Job haben wollen, aber keinen bekommen – egal wie sehr sie sich hierfür bemühen. Auf der anderen Seite gibt es – leider – immer noch viele, die keinen Job haben und selbigen auch gar nicht wollen, da der Sozialstaat doch gut und ausreichend für sie sorgt. Ich weiss wohl, dass dies hier und da wieder für einen „Aufschrei“ sorgen wird. Darüber spricht man nicht gern. Es sind nicht alle, sicher auch nicht die Masse, aber doch auch nicht so wenige…
Fazit
Am Ende der heutigen Sendung habe ich leider überhaupt kein Fazit selbiger erkennen können. Was war nun das Ergebnis dieser Runde? Was ist nun die Antwort auf die Frage der Sendung? Leider habe ich diese nicht heraushören können. Heisst es nun, man will weniger Mobilität? Weniger Flexibilität?
Es war eine Stunde, in der mir auch eines gefehlt hat: Sascha Lobo kam viel zu wenig zu Wort. Das was er sagte war für mein Dafürhalten richtig, aber eben zu wenig. Vielleicht war er auch einfach nur irritiert davon, dass die Diskussionen gar so wenig mit dem Thema der Sendung zu tun hatten…
Ich habe die Sendung leider nicht gesehen aber das, was Du beschreibst, klingt für mich auch nach „Thema-vorbei-setzen-sechs“. Auf der anderen Seite ist Anne Will jetzt auch kein Konzept mit Entrepreneurship-Charakter. So musste es ja so kommen, wie es kam. Es wäre mal interessant, was (und ob) Sascha Lobo dazu noch was auf seinem Blog schreibt.
Hallo Bianca,
er war ja gestern Abend dann noch im Chat bei der ARD. Habe nicht alles verfolgen können, aber die Fragen und Antworten gingen schon mehr in die Richtung, die ich mir auch in der Sendung gewünscht hätte. Ob Sascha hier noch etwas dazu bloggt glaube ich fast nicht. Aber ich würde mich wenn schon sehr darüber freuen.
Dass die Sendung nun keine Lösungs-Maschine für aktuelle Probleme ist weiss ich wohl. Ich habe die Aufgabe des Formats jedoch bisher darin gesehen, dem Bürger aktuelle politische und gesellschaftliche Themen verständlich nahe zu bringen. Leider gelingt dies mAn nicht wirklich oft. Schade eigentlich…
Hallo Steve,
bei mir hat die Sendung auch einen faden Beigeschmack hinterlassen. Frau Neumann war ja schon öfters zu sehen. Die Spitze war ihr guter Rat für den Burn-Out geschädigten Flugzeugkonstrukteur, dass er sich nicht so haben soll, eine halbe Flasche Wein trinken, mit jemandem quatschen und dann kann man am nächsten Tag in Ruhe weiterarbeiten. Beim Staubsauger schwingen mag das ja gehen, aber nicht bei Menschen, die geistige Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck ausführen müssen.
Auf die abschließende Frage von Sascha Lobo, ob denn überhaupt jemand gerne zur Arbeit geht, gab es keine Antworten. Eigentlich kann man Anne Will nicht mehr sehen
Ja, toll war dieser Tipp nicht.
Diese Sendungen sind – leider – meist alle gleich. Aber vllt. habe ich noch die innere Hoffnung, dass es doch einmal eine Änderung im Schema F gibt…