Am Abend des 05.12.2011 war ich live vor Ort, bei der Podiumsdiskussion im Theaterhaus Jena und berichtete via Twitter während der Veranstaltung. In meinem Review auf den Abend hatte ich bereits den Wunsch geäussert, dass diese Diskussion nicht wieder einschläft und die Gepräche hierzu weitergeführt werden.

Einer meiner letzten Tweets des Abends sollte dazu führen, dass das Thema weitergeführt wird:

Bezogen habe ich diese Aussage auf ein „Erlebnis“ während der Podiumsdiskussion. Die Art wie eine Person sich dort gezeigt hat, wie sich die Person verhalten hat, hat mich einfach geärgert. Dies soll aber gar nicht Thema sein. Auf diesen Tweet hin erhielt ich wenige Zeit danach einen Reply, also eine Antwort, die wie folgt lautete:

Man muss hierzu erwähnen, dass @Hoffmann mich bereits für meinen ersten Artikel zum ZDF aspekte-Beitrag kritisiert hatte. Bereits damals gab es eine kleinere Debatte via Twitter.

Was genau meinte er nun mit dieser Antwort? Nach dem ersten Lesen verstand ich es nicht direkt. @dystopist half dann bei der „Übersetzung“. @Hoffmann meint, dass wer das Wort Rechtsextremius verwendet zwar gegen diesen Extremismus ist, nicht aber gegen rechte Gesinnung allgemein.

Danach entwickelte sich eine Diskussion via Twitter, welche doch recht schnell klar machte, dass hier sehr unterschiedliche Auffassungen aufeinander trafen. Im Verlauf äusserte @Hoffmann, er würde „gerne über Inhalte reden & nicht über plakative rechts-links Bezeichnungen„. Ich begrüsste diese Äusserung und schlug vor „Reden wir über Toleranz und Respekt„. Als Antwort bekam ich daraufhin:

Dies ging in die ähnliche Richtung, welche während der Podiumsdiskussion auch mehrfach von Katharina König geäussert wurde. Dies habe ich auch, in meiner Wortmeldung während der Podiumsdiskussion, an sie als Kritik gerichtet. Daher dieser Artikel und der Versuch zu erläutern, wie mein Standpunkt hierzu ist. Mir ist bewusst, dass ich hiermit eine vielschichtige Thematik anschneide. Aber auch die Diskussion hierüber ist mir wichtig. Danke an dieser Stelle an @Hoffmann und auch Katharina, die mich durch Ihre Statements zu diesem Artikel geführt haben.

Selbstverständlich ist es notwendig, über Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus zu reden. Ebenso ist es notwendig, über die Punkte, welche Katharina König und andere während der Podiumsrunde angeführt hat, zu reden. Darüber, warum eben so Wenige im „normalen“ Alltag Gesicht zeigen. Darüber, warum es einen – und dies ist mAn unbestritten – subtilen und unterschwelligen Rassismus in Deutschland gibt. Aber auch darüber, was die Ursachen dafür sind, dass sich Menschen extremen Gruppierungen anschliessen.

Allerding halte ich es für falsch, an diesen Punkten anzusetzen. Der Ansatz muss viel früher erfolgen und deswegen muss man, meiner Ansicht nach, eben zuerst über Toleranz reden und ergänzend auch über Respekt. Ohne diese beiden Punkte macht eine Debatte über den Rest keinen Sinn. In diesem Zusammenhang zitiere ich den Jenaer OB mit einer Aussage vom Podiums-Abend:

Wer den Menschen ernst nimmt, wer die Würde des Menschen entdeckt, wer den Menschen im Menschen entdeckt, der wird nicht rassistisch sein, der wird keine Gewalt üben […]

Diese Aussage ist sicherlich recht philosophisch. Dennoch zeichnet sie ein mAn sehr treffendes Bild. Denn Veränderung fängt immer bei jedem selbst an. Jeder von uns muss über sich selbst nachdenken und überlegen, wie er oder sie an sich arbeiten kann, um diese Gesellschaft, diese Welt, zu einem besseren Ort zu machen.

Üben wir wirklich in jeder Situation Toleranz Anderen, unserem Umfeld, gegenüber? Zeigen wir Anderen gegenüber – auch wenn wir Ihre Ansichten und Auffassungen nicht teilen – Respekt?

Der Mensch hat – in einigen Dingen gesellschaftlich bestimmt, in anderen instinktiv – Angst vor Fremdem, vor Dingen die er nicht kennt. Dieser Angst kann man mAn nur entgegenwirken, mit Offenheit, Toleranz und Respekt sowie einer Aufklärung, welche diese Punkte berücksichtigt. Denn vor Dingen die man kennt, hat man keine Angst mehr. Denn die Angst ist in den allermeisten Fällen unbegründet. Dies entdeckt man jedoch erst, wenn man sich selbiger stellt.

Aber wie ist die Realität? Politik und Medien spielen mit dieser Angst und benutzen sie, um bestimmte Ziele zu erreichen oder gewünschte Bilder zu erzeugen. Mit was gehen die Parteien denn in der Regel auf Stimmenfang? Indem Szenarien erzeugt werden, die in den meisten Fällen Ängste der Wähler thematisieren. Bei den sogenannten Volksparteien sind dies Dinge wie Arbeitsplatzverlust, Gefährdung des Erspartem etc. Die Flügel des politischen Spektrums sind hier schon weniger zimperlich. Hierzu reicht ein kurzer Blick, gerade auf Wahlplakate der rechtspopulistischen „Parteien“.

Jedoch auch Medien spielen bewusst mit Ängsten und hier schliesst sich der Kreis und führt mich dahin zurück, warum ich den aspekte-Beitrag kritisiere, die Mache dieses Beitrages kritisiere und die Kritik daran als legitim, ja sogar als wichtig erachte. Der knapp 6 Minütige Beitrag ist hierfür ein sehr gutes Beispiel, denn die Angst ist das Leitthema in selbigem. Mit dieser Angst wird ein Bild gezeichnet, welches an der Realität vorbei geht und zudem, aus meiner Sicht, sehr gefährlich ist. Alle Emotionalität ausgeblendet, weg von lokalpatriotischen Standpunkten, macht dieser Beitrag vor allem eines: er schürt Angst. Dieser Beitrag steht hierbei stellvertretend für viele mediale „Kunstwerke“, welche spalten statt zusammenzuführen. Damit wird zu Problemen in dieser Gesellschaft beigetragen, wo es wichtig und notwendig wäre, sie zu beseitigen.

Durch solche medialen Berichte wird die Mauer in den Köpfen der Menschen, die Angst voreinander, weiter geschürt. 21 Jahre sind wir nun ein Land und sprechen immer noch von „Ostdeutschland“ und „Westdeutschland“, von „Ossis“ und „Wessis“ und pflegen fleissig Vorurteile, welche uns wie selbstverständlich darin bestätigen, dass diese da und jene dort eben so sind. Ein Generationenproblem, könnte man meinen. Dies mag sein, aber wer erzieht denn die folgenden Generationen? Ansichten, Denkweisen und Werte – all dies wird an die nächste Generation übermittelt. Aber auch die gesellschaftlichen Überzeugungen und Sichtweisen prägen kommende Generationen.

Ja, die Gesellschaft hat Schuld. Aber die Gesellschaft sind wir alle!

Toleranz gegenüber Anderen? Offene Aufnahme von Menschen anderer Nationen und Kulturen in die Mitte unserer Gesellschaft? Wie sollen wir denn erreichen, andere Nationalitäten und Kulturen zu integrieren, wenn es nicht einmal gelingt, uns selbst, in einem gemeinsamen Land, einander näher zu kommen? Wie sollen wir Verständnis gegenüber Menschen schaffen, die aus einem anderen Land zu uns kommen, wenn wir nicht einmal Verständnis für die eigenen Landsleute aufbringen?

Nord, Süd, Ost, West, Schwarz, Weiss, Dick, Dünn, Christ, Muslim, Jude, Buddhist… All diese Punkte spielen doch überhaupt keine Rolle. Beschäftigen wir uns doch mit dem, was wirklich wichtig ist. Befassen wir uns mit dem Menschen, seiner Geschichte, seinen Erfahrungen. Jeder von uns möchte doch so verstanden und akzeptiert werden wie er oder sie ist. Warum gestehen wir dies nicht auch jedem anderen Menschen zu?

Wikipedia sagt über Toleranz:

Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Gemeint ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung unterschiedlicher Individuen.

Es ist wie so oft im Leben – geben ist besser als nehmen. Tolerant sein kommt vor Toleranz einfordern. Lasst uns die Ängste gegenüber dem Fremden, durch Interesse an ihm ersetzen. Lasst uns wegkommen davon, uns von aussen einreden zu lassen, wovor wir Angst haben müssen. Mit uns meine ich uns alle. Egal welche religiöse oder politische Überzeugung, sexuelle Neigung, kulturelle Herkunft oder Hautfarbe.


Update – 08.12.2011: Ergänzend habe ich eine einfache Ja-Nein-Umfrage hinzugefügt. Ihr könnt zusätzlich zu Euren Kommentaren entsprechend abstimmen. Ich habe es für den Anfang bei einer geschlossenen Frage belassen um ein erstes Bild zu gewinnen. Im weiteren Verlauf können wir das Ganze dann gern weiter ausdehnen. Die Umfrage läuft bis max. 31.12.2011 23:59 Uhr.

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