Was für ein Abschluss des ersten Tages der re:publica 2012: Sascha Lobo (@saschalobo) forderte in seinem Überraschungsvortrag das, was er bereits schon wenige Wochen vorher in seiner Spon-Kolumne geschrieben hatte – Macht mehr Blogs!

Unbestritten hat er damit Recht. Ein selbstgehostetes Blog aufzusetzen ist nicht wirklich schwer. Selbst wenn man es allein nicht tun möchte findet man unter seinen Freunden und/oder Followern mind. 1 Person, welche hierbei sicherlich gern behilflich ist. Ist das Blog dann ersteinmal da, so ist die Erstellung von Artikeln nicht wirklich schwierig.

Wie nach diesem medienwirksamen Auftritt von Sascha zu erwarten war, folgen nun etliche Blogposts darüber, dass man mehr bloggen soll. Nico Lumma (@Nico) hat dies gestern bei Twitter so kommentiert:

Ich bin der Ansicht, dass dies gar nicht so schlimm ist, wenn jetzt alle über das Bloggen bloggen. Wenn dies dazu führt, dass vielleicht ein paar Leute animiert werden, einen eigenen Blog zu starten oder eben Blogger Ihre evtl. etwas eingeschlafenen Blogs wieder zum Leben erwecken, dann hats doch schon was gebracht, oder?

Bloggen ist Spass und die Freude am Schreiben. Bloggen darf aber auch, neben beidem erst genannten, Quelle für den Lebensunterhalt sein bzw. werden. Ich sehe hierbei auch überhaupt keinen Widerspruch.

Aber warum wird nicht (mehr) gebloggt?

So schreibt Daniel (@danielrehn) „Mehr Spaß, weniger Ego: Wir haben die Renaissance des Bloggens selbst in der Hand“ und Claus (@kritikkultur) schreibt „Macht geile kleine Blogs auf! #rp12„. Neben diesen beiden gibt es natürlich noch viele andere Reviews zur #rp12 oder auch Einzelartikel zum Thema.

Die Aufforderung mehr zu bloggen ist die eine Seite. Die Fragestellung, warum nicht mehr gebloggt wird, eine andere – diese wurde jedoch nicht wirklich gestellt. Oder wird sie nur zu selten gestellt?

Vor dem Sascha Lobo „Überraschungsvertrag“ ging es in der Session von Sascha Pallenberg (@sascha_p) bereits um die deutsche Bloggosphäre und die evtl. Veramerikanisierung, indem us-amerikanische Bloggrössen wie Huffington Post, Engadet, TechCrunch etc. auf den europäischen und auch deutschen Markt drängen und diesen massiv verändern könnten. Auch in weiteren Sessions der #rp12 wurde das Thema der dt. Blogosphäre so oder so ähnlich behandelt.

Christoph Kappes (@christophkappes) kommentiert (ich nehme an, dass es der Christoph Kappes ist, leider im Kommentar kein Link) in einem Blogpost folgendes:

…sich von der Idee zu lösen, dass ein Posting so wie eine Publikation daherkommen muss, wie wir sie seit Jahrzehnten gewohnt sind. Wir müssten uns daran gewöhnen, dass schnelle Gedanken und auch mal Rechtschreibfehler okay wären und kein Grund, die Nase zu rümpfen. So weit sind wir dann eben doch noch nicht, da muss dann ein kleines Blog so tun, als wenn es aus Stein gemeisseltes Qualitätsgedöns wäre.

Ich denke, dass es sehr viele unterschiedliche Gründe gibt, warum in Deutschland nicht viel mehr gebloggt wird. Die mAn wichtigsten bzw. markantesten sind:

  1. Neid
  2. Link-Geiz
  3. Kommentar-Faulheit
  4. Rechtsunsicherheit

Gern will ich diese Punkte näher erläutern. Mit Neid (1.) meine ich, dass es häufig so ist, dass man anderen keinen Erfolg gönnt. Ich hatte dies vor wenigen Wochen bereits in einem anderen Post thematisiert. Andere verdienen mit Ihrem Blog Geld oder haben 100.000+ Zugriffe im Monat etc. Dies führt dazu, dass man in einer Art von Selbstgekränktheit auch schnell einmal ein wenig Antipathien entwickelt. Auch führt es dazu, dass man, wenn man selbst diese Erfolge nicht erreicht, resigniert.

Der Punkt Link-Geiz (2) schliesst sich hier nahezu an bzw. kann auch die Folge von 1. sein. Wenn ich einen Blogpost schreibe, versuche ich immer andere Posts zu finden, welche sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt haben bzw. auch Teilaspekte dessen behandeln und verlinke sie. Damit gebe ich einerseits die Quelle an, aus der ich etwaige Informationen/Erkenntnisse gewonnen habe und andererseits kann ich somit das Thema viel breiter aufstellen, ohne alles selbst schreiben zu müssen. Somit entsteht auch auf eine gewisse Art eine breitere Diskussion über einen Blog und somit auch die eigene Leserschaft hinaus.Dies wiederum fördert mAn die Blogosphäre.

Zum Link-Geiz zähle ich zudem auch die Nichtaktivierung von Pingbacks/Trackbacks. Ich stelle in letzter Zeit immer häufiger fest, dass diese entweder nicht freigeschalten werden oder aber im Blog gar nicht erst aktiviert wurden. Schade wie ich finde, verhindert man somit doch die Möglichkeit einer breiter werdenden Bloglandschaft.

Wer bloggt macht dies zu Beginn in erster Linie meist für sich, wünscht oder erhofft sich jedoch auch eine Reaktion. In Gesprächen und auch Kommentaren bei Twitter oder aus Blogposts wie z.B. den oben erwähnten zeichnet sich ab, dass das Feedback via Kommentar immer weniger wird. Die Kommentar-Faulheit (3) führt mAn auch dazu, dass hier und da Blogs einschlafen, dass der Autor demotiviert wird und evtl. Überlegungen für einen Blogpost verwirft, da er glaubt, es interessiere ja sowieso niemanden.

Als ebenso verhindernt erachte ich die Rechtsunsicherheit (4) in Deutschland im Bereich der Internetaktivitäten. In der Medienlandschaft gibt es immer wieder Berichte über teure Abmahnungen o.ä. welche mAn auch etliche Leute davon abhält selbst zu publizieren und dies eben auf eigenem Grund und Boden im eigenen Blog zu tun.

Mal abgesehen von Punkt 4, welcher wohl eher durch die politischen Kräfte geändert werden kann, sind die anderen 3 Aspekte Dinge, welche wir selbst in der Hand haben.

Nur: wie ändern wir sie bzw. warum haben wir sie bisher nicht geändert bzw. überhaupt eingeführt/uns angeeignet?


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