Es ist mal wieder soweit: die „Gemeinde“ hat etwas gefunden, was man „durchs Dorf treiben“ kann. Was es heute ist? Instagram hat angekündigt, zum 16. Januar 2013 seine Privacy– und Nutzungsbedingungen anzupassen bzw. diese in der Ankündigung verlinkten zu diesem Datum gültig werden zu lassen.

Die Empörung ist gross, die Empörung über die Empörung in einer ähnlichen Ausprägung.

absehbare Änderungen

Ist dieser Schritt überraschend? Nein. Finde ich es schlimm? Auch nein. Spätestens nach dem Kauf durch Facebook war zu erwarten, dass man die Bedingungen einander angleichen wird. Diejenigen, die sich nun bzgl. der angekündigten Änderungen „aufregen“ bekommen zumeist als Gegenwind, dass Instagram ja kostenlos sei und doch total logisch ist, dass die sich irgendwie finanzieren müssen. Der beste und einfachste Weg sei ja ganz klar die Nutzung und Monetarisierung der Userdaten. Wem dies nicht passt, der könne ja seinen Account schliessen und sich eine andere Spielwiese suchen.

Ich finde die Aufregung, dass Instagram nun etwas tut, das eigentlich absehbar war, auch etwas übertrieben. Die Aufregung über die Aufregung hat aber mittlerweile eine ähnliche Schwelle der Übertreibung erreicht.

Die Art und Weise wie viele Dienste bei Änderungen vorgehen ist meiner Meinung nach nicht so super nutzerfreundlich. Klar, es wird offen kommuniziert in Form eines Blogposts, dass man etwas ändert. Jeder Nutzer hat somit doch ausreichend Zeit zu entscheiden, ob er seinen Account kündigt oder eben nicht.

Transparenz ist nicht gleich Transparenz

Der Blogpost ist in diesem Falle sehr überschaubar und nur wenige Zeilen lang. Die neuen Bedingungen sind verlinkt. Am Ende des Blogposts schreibt man:

We know these documents are a little dry, but they’re very important. Please take a moment to read through them so you keep feeling comfortable sharing your beautiful photos on Instagram.

Sinngemäss sagt man, man wisse, die Dokumente sind etwas trocken, bittet aber darum sich die Zeit zu nehmen, sie dennoch durchzulesen, so dass man sich gut fühlt, wenn man zukünftig weiter seine wunderschönen Bilder via Instagram teilt. Der Grossteil der Nutzer wird wohl gar nicht erst klicken, wenn, dann gibt man sicher nach den ersten paar Zeilen bzw. Absätzen mit dem Lesen auf und sagt sich: was solls, wird schon passen.

Ich glaube, viele Anbieter gehen schlicht davon aus, dass die Masse der User, diese Bedingungen erst gar nicht liest. Was ich mir in vielerlei Situationen im Alltag wünsche: solche Bedingungen einfach mal so zu verfassen, dass sie von einem „normalen“ Menschen verstanden werden und nicht bei jedem 3. Satz ein Hintertürchen oder eine auch anders auslegbare Aussage „versteckt“ ist. Denn dies schwingt mittlerweile (vllt. war dies auch schon immer so!?) mit, wenn man Nutzungsbedingungen liest.

Ihr Unternehmen da draussen: schreibt doch Eure Bedingungen einfach klar verständlich, fair und eindeutig (und in den Sprachen, die Eure Nutzer sprechen) – dann lasse ich nämlich auch das Argument gelten, dass alle Bedingungen ja bekannt waren. Das wäre wirklich transparent!

Jederzeit den Dienst wechseln?

Oben hatte ich es schon geschrieben: man kann ja gehen, wenn einem die Bedingungen bzw. geänderten Bedingungen nicht passen. Das klingt simpel, ist es in der Regel auch. Eine Aussage von Lena (@_miel), welche heute durch einen meiner Social-Streams huschte beleuchtet jedoch einen Aspekt, der mAn nicht ganz aussen vor gelassen werden sollte:

Und die Argumentation, dass der Nutzer ja „selbst schuld“ ist, wenn er sich diesen Bedingungen unterwirft, halte ich für sehr fragwürdig – diese Freiheit, jederzeit zu wechseln, ist eine scheinbare, da sie nicht berücksichtigt, dass es weitere Paradigmen gibt, die den Nutzer dann womöglich dazu bringen, sich trotzdem den Bedingungen zu unterwerfen.

Ein Grund kann z.B. der „soziale Druck“ sein. Er macht einen Wechsel nämlich oftmals gar nicht so einfach. Neben der bereits erwähnten Tatsache, dass ein nicht ganz unerheblicher Anteil der Nutzer die Terms of Use wohl eh nur selten lesen wird, kommt der Aspekt dazu, dass der Grossteil der Freunde (und wenn es nur die virtuellen sind) mit einem Verlassen eines Dienstes aufgegeben werden müssten. Ein Punkt, der sehr viele dazu bringt, einen Dienst weiter zu nutzen, obwohl man mit einigen Dingen eher nicht einverstanden ist. Das könnte man jetzt recht bequem als „dumm“ abtun, ist jedoch ein recht menschliches Verhalten und wird – so unterstelle ich – von vielen Netzwerken auch sehr bewusst eingesetzt.

simple Finanzierungsmöglichkeit – nur kaum genutzt

Das ein Unternehmen von etwas leben muss sollte jedem klar sein. Daran ist auch rein gar nichts verwerflich. Dass Unternehmen Gewinne anstreben ist ihre ureigene Bestimmung und in der Regel auch gut (es gibt Ausnahmen, auf welche ich hier jedoch nicht extra eingehe).

Ist ein Dienst für den Nutzer also nicht mit Kosten verbunden, so muss man sich als Betreiber eine andere Finanzierungsquelle suchen. Werbung ist in vielen Fällen mit die häufigste Wahl und ich persönlich halte dies für ein legitimes Mittel. Es gibt jedoch mAn eine viel einfachere und naheliegendere Möglichkeit der Finanzierung, welche jedoch von vielen dieser ganzen Internetdienste gar nicht in Betracht gezogen bzw. nicht angeboten wird: der Nutzer zahlt für den Dienst!

Ich würde gern für Instagram, Facebook, Google+ und vor allem Twitter einen monatlichen Betrag X zahlen. Baut man dies als eine Art „Premium“-Service aus, so könnte man zahlenden Nutzern z.B. werbefreiheit zusichern, erweitere oder gar exklusive Features anbieten etc. Warum tut man es nicht? Ganz ernsthaft gefragt: warum bietet man es nicht einfach an? So banal, dass man da nicht drauf kommt?

Ich bin sicher (und habe es auch schon oft genug in meiner Timeline gelesen), dass ich damit nicht allein bin und auch andere für die Nutzung zahlen würden. Wer das nicht möchte muss dann eben mit weniger Funktionsumfang und/oder Werbung leben. Seine Einnahmen über eine Breite Front von Nutzern (als eine Möglichkeit der Monetarisierung) zu stellen bietet mAn eine sehr gute Basis und macht das Unternehmen auch etwas weniger abhängig von der Werbeindustrie.

Fazit

Es braucht einfach etwas mehr Gelassenheit. Bei so vielen Dingen im Alltag würde dies oft schon helfen. Einfach auch mal das eigene Anspruchsdenken reflektieren und überlegen, über was man sich da eigtl. gerade aufregt. Recht passend hat es Carsten (@caschy) in einem Tweet ausgedrückt:

https://twitter.com/caschy/status/281014791999475712

Die vielen Netzwerke (aber auch Unternehmen allgemein) sollten jedoch auch mal darüber nachdenken, Ihre Nutzungsbedingungen und Verträge so zu formulieren, dass diese einfacher und besser zu verstehen sind und somit weniger Fehlinterpretationen entstehen.

Ebenso wichtig: sie sollten über andere Finanzierungswege als den einen – die Werbung – nachdenken. Sehr viele Nutzer wären bereit, für die Nutzung zu zahlen, würde man die Möglichkeit dafür schaffen.

PS: Der recht entspannte Artikel von Thomas Cloer (@teezeh) sollte viele Gemüter bzgl. „Instagram verkauft alle Bilder“ doch etwas beruhigen.

[Update] Offenbar entfacht sich die grösste Aufregung um das Wort „transferable“: Etwaige Auswirkungen schreibt Christian Mueller (@sozialpr) bei Karrierebibel. Ob und inwieweit Facebook oder Instagram diese dadurch geschaffene Möglichkeit tatsächlich nutzt muss man abwarten. Bin kein Anwalt. aber wenn laut Terms of Use weiterhin der Nutzer die Eigentumsrechte am Bild hat und Instagram bzw. Facebook „nur“ die Nutzungsrechte – da halte ich den Verkauf von Bildern für recht unwarscheinlich.

[Update 2] Die vielen unterschiedlichen Meldungen und Interpretationen über die Änderung, welche im Laufe des Tages verbreitet wurden, haben Instagram veranlasst für etwas Aufklärung zu sorgen. In einem Blogpost von Kevin Systrom – Co-Founder von Instagram – wird zu den einzelnen Punkten recht ausführlich Stellung genommen. (Danke Robert – @RobGreen – fürs teilen)

[Update 3] Sehr schön zusammengefasst hat es Martin (@martinweigert) von netzwertig.com in „WIRBEL UM DIE INSTAGRAM-AGB: Versagen auf ganzer Linie – bei allen


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