Gestern Abend war es soweit. Die seit einigen Wochen geführten Diskussionen zu einem aspekte-Beitrag im ZDF hatte ich hier im Blog recht ausführlich begleitet und meine Sicht der Dinge dargelegt. Die in der Video-Antwort von aspekte-Chef Herrn Läpple angekündigte Podiumsdiskussion fand im Theaterhaus Jena statt.

Als ich gegen 19:10 Uhr auf dem Theatervorplatz angekommen bin, standen bereits etliche Menschen in einer Schlange am Einlass, welcher für 19:30 Uhr angekündigt war. Schnell wurde die Schlange länger und es wurde deutlich, dass wohl nicht alle Interessenten im Innenraum des Theaterhauses Platz finden werden. Um 19:30 Uhr dann der Einlass und als ich dann endlich am Ziel war, war der Raum bereits gut gefüllt, so dass mir ein Platz vor den Stuhlreihen auf dem Fussboden blieb. Aber die Position war für mich ok, hatte ich doch so einen sehr guten und nahen Blick auf das Podium.

Pünktlich 20 Uhr ging es dann mit einer kurzen Ansprache des Moderators dieses Abends, Jonas Zipf, los. Nach kurzer Vorstellung des Podiums wurde der Ursprungsbeitrag der aspekte-Sendung gezeigt, um danach in die Diskussion zu starten. Der Abend war aufgeteilt in 3 Bereiche. Zunächst ging es um den Beitrag selbst und dessen Machart, dann um die Thematik rechter Gewalt und wie in Jena damit umgegangen wird und letztlich kamen Stimmen aus dem Live-Chat wie auch die Menschen im Saal zu Wort.

Komplettmitschnitt der Podiumsdiskussion auf JenaTV

Der Verlauf der Podiumsdiskussion war allgemein sehr sachlich. Das Podium war mAn sehr gut besetzt und es wurden viele unterschiedliche Sichtweisen, dieser doch vielschichtigen Thematik beleuchtet. Herr Läpple gestand ein, dass es ein Mangel am aspekte-Beitrag gibt, nämlich den, dass das Engagement Jenas nicht im Beitrag vorkam. Ansonsten blieb er bei seiner Linie, dass der Beitrag journalistisch vertretbar sei. Dass der Beitrag mehr Mängel aufweist, als dem von Läpple eingeräumten, habe ich versucht in meinen Blogposts darzustellen. Schade, dass man hier seitens der aspekte-Redaktion nicht die Grösse hat, dies einzugestehen. Die beiden Stellungnahmen der Redaktion haben für mich gezeigt, dass man die Kritik und die Meinungen nicht wirklich ernstgenommen hat und bisher nicht verstanden hat oder nicht verstehen will, worauf die Kritik abzielt.

Auf meine vor Ort angebrachte Kritik reagiert Herr Läpple in Form eines Zitates, von Uwe-Karsten Heye, welches die aspekte-Sendung als berechtigt darstellt. Die Kritikpunkte nahm er in keinster Weise auf. Im Zitat zielt Läpple dann darauf ab, dass es eine Empörung über den Beitrag gibt, dabei aber die Opfer vergessen werden. Dies wird unmittelbar danach von Prof. Dr. Dörre sowie OB Dr. Schröter kritisiert. Läpple verteidigt sich dann damit, dass er nur zitiert habe, und erhält hierfür Kritik aus dem Publikum, da die Zitate von ihm ausgewählt sind und er somit sehr wohl durch selbige an der Meinungsbildung Anteil hat.

Mein Anliegen, nämlich die Art des Journalismus anhand des aspekte-Beitrages zu thematisieren, kam für mich an diesem Abend etwas zu kurz. Die weitergehenden Themen, die Sicht auf Zivilcourage bzw. das Fehlen selbiger, Gewalt im Allgemeinen und wie man damit im Alltag umgeht sind wichtig. Ich fand es auch sehr gut, dass darüber gesprochen wurde. Was dieser aspekte-Beitrag in seiner Ausrichtung jedoch für Konsequenzen hat, fand, aus meiner persönlichen Sicht, nicht den Raum, welchen ich mir gewünscht hätte. Aber dies ist vielleicht in dem begrenzten zeitlichen Rahmen auch nur schwer möglich.

Um dies unmissverständlich – wenn auch bereits mehrfach geschehen – klarzustellen: das Thema Gewalt (egal aus welcher Richtung), die Opfer von Gewalttaten, die Angst von Menschen (gleich welcher Herkunft, Hautfarbe etc.) – dies alles ist wichtig. Darüber müssen wir uns alle Gedanken machen. Darüber müssen wir reden. Dies habe ich in keinem meiner Statements, Blogposts und Tweets bestritten oder in Frage gestellt. Auch glaube ich, dass dies für die Mehrheit derer gilt, die sich an dieser Diskussion beteiligt haben.

Es wurde eine Diskussion angestossen, welche unbedingt weitergeführt werden muss. Eine Diskussion, die sehr vielschichtig ist und für mein Dafürhalten unabhängig von Parteizugehörigkeit und politischem Lager geführt werden muss. Sachlichkeit und Weitsicht sind Aspekte, welche in dieser Diskussion eine wichtige Rolle spielen sollten, nein müssen. Denn betrachtet man den normalen politischen Alltag, sieht man, wie Diskussionen und Themen hier an der vielfach nicht sinnvollen Fraktionsrivalität zerrieben werden und letztlich ohne Ergebnis bleiben. Dies ist nicht zielführend und bringt keinem etwas. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Thema und muss ebenso angegangen werden.

Die Diskussion wurde aber den ganzen Abend über sehr offen und teilweise auch kritisch geführt, blieb dabei jedoch weitestgehend sachlich. Dies fand ich sehr gut. Ebenso, dass die Diskussion soviel Interesse gefunden hat, dass sogar ca. 100-150 Menschen auf dem Theatervorplatz bei leichtem Schneeregen ausharrten und die Podiumsdiskussion auf der Leinwand verfolgten. Natürlich haben unterschiedliche Menschen auch unterschiedliche Sichtweisen und auch das Recht, diese zu äussern und diese zu vertreten. Dies gehört zu einer Demokratie dazu. Bleibt zu hoffen, dass diese Diskussion, dieses Thema, nicht nach einigen wenigen Tagen wieder im Alltag untergeht, sondern weiter thematisiert wird.

Über Twitter habe ich den Diskussionsabend begleitend kommentiert und durch eines meiner letzten Statements zu #pdjena, hat sich dann heute über Twitter eine weiterführende Diskussion ergeben. Diese werde ich jedoch in einem gesonderten Blogpost aufgreifen.

Abschliessend kann ich nur ein Fazit ziehen: Wir alle sind gefragt, unsere Gesellschafft zu dem zu machen, was wir von ihr erwarten wie sie sein soll. Dazu gehört sehr wohl auch Kritik und Empörung über einen solchen Beitrag wie dem von aspekte im ZDF. Aber damit darf es nicht genug sein, sondern die Kritik an gesellschaftlichen Missständen muss weitergehen, auch, wenn man persönlich oder emotional vielleicht nicht direkt betroffen ist.

Podiumbesetzung:

  • Christoph Ellinghaus (Aktionsnetzwerk Jena)
  • Prof. Dr. Klaus Dörre (Universität Jena, Fakultät Soziologie)
  • Dr. Albrecht Schröter (Oberbürgermeister Stadt Jena)
  • Jonas Zipf (Theaterhaus Jena, Moderation)
  • Christhard Läpple (Redaktionsleiter aspekte)
  • Dr. Marco Guerzoni (Integrationsbeirat)
  • Katharina König (MdL Die Linke)
  • Thomas „Kaktus“ Grund (Streetworker in Jena-Winzerla)

 

weitere Artikel zur Podiumsdiskussion:

Kommentar: Läpple entschuldigt sich nicht für “aspekte”-Beitrag

taz: Eine Stadt fühlt sich denunziert

ZAPP Beitrag: Ärger über „Aspekte“-Beitrag über Jena

ZAPP Interview mit Steven Uhly

ZAPP Interview mit Stefanie Bühlchen

Jenseits von Jena

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