Google+. Ein neues Netzwerk ist seit 1 Monat am Start. Es wurde bereits viel darüber geschrieben und geredet. Google ist mit dem Neuling spät dran. Plattformen wie Twitter oder Facebook aber auch XING und LinkedIn gibt es schon über Jahre. Hat Google+ da überhaupt eine Chance?

Eine Frage, welche so einfach nicht zu beantworten ist. Als Nachzügler hat man es in einem Markt oft nicht einfach. Die etablierten Anbieter haben oft sowohl fianziell wie auch im Hinblick auf Kunden/Nutzer die Nase vorn. Ok, das Finanzielle dürfte bei Google eher weniger eine Rolle spielen. Und die Nutzer? Hier kann Google sicherlich auf die Anwender bestehender Dienste wie Googlemail etc. zurückgreifen. Weiterer Aspekt, welcher nicht zu unterschätzen ist: SocialNetworks sind mittlerweile etabliert und finden auch in den Medien statt. Ein grosser Teil der Nutzer bestehender Netzwerke wird – allein aus Neugier – auch mal bei Google+ schauen gehen. Und schwups, hat Google+ binnen einem Monat round about 20 Millionen Mitglieder. Eine Tatsache die viele als Sensation feiern – für mich jedoch, aus den eben erwähnten Gründen, nicht wirklich verwunderlich.

Und bin ich nun der Meinung, dass man sich von allen anderen Plattformen trennen und einzig auf Google+ setzen soll? NEIN!

Die Headline dieses Artikels möchte ich vielmehr als Ironie auf die Äussererungen Einiger verstanden wissen, welche nun stolz die Kündigung Ihrer XING Premium-Mitgliedschaft oder die Löschung des Facebook-Accounts verkünden. Klar, jeder kann und soll selbst entscheiden, auf welchen Plattformen er aktiv ist und wie er selbige nutzt. Aber ich kann es ganz ehrlich nicht mehr hören, dass hier nach nicht mal einem Monat der Untergang von seit Jahren bestehenden Netzwerken beschriehen wird. Zuerst soll G+ Facebook gefährden, dann ist es Twitter was weggefegt wird und jetzt auch die eher als Business-Netzwerke bekannten XING und LinkedIn.

Wie lange haben denn all diese Netzwerke jeweils benötigt um erfolgreich am Markt agieren zu können? Dieser Prozess hat Jahre gedauert um das jetzige Ergebnis zu erreichen. Und Google will das mit seinem Neuling in einem knappen Monat, indem das Netzwerk zudem noch in einer „Beta-Phase“ ist, schaffen? Das ist meiner Ansicht absolut überzogen und voreilig. Klar, Google hat sich die bestehenden Netzwerke angeschaut, sich vor allem die oft kritisierten Punkte der Wettbewerber vorgenommen und versucht besser darzustellen. Aber es steht noch in keinster Weise fest, wohin der Weg mit G+ gehen wird. Ob dieser momentane Hype nicht auch ebenso schnell wieder abebbt und es doch nur ein Strohfeuer am Horizont des SocialWeb war.

Persönlich räume ich Google+ gute Chancen ein, sich am Markt zu platzieren. Jedoch glaube ich, dass es seinen Platz finden kann, ohne zwingend andere Netzwerk zu verdrängen. Gerade was die beiden Geschäftsnetzwerke LinkedIn und XING betrifft glaube ich nicht, dass G+ eine Alternative darstellt. Wie ich zu LinkedIn stehe habe ich vor längerer Zeit schon einmal ausführlich beschrieben. Im deutschsprachigen Raum glaube ich fest an die Zukunft von XING. Ich bin sogar der Meinung, dass XING seine Marktanteile auch über den DACH-Raum hinaus ausbauen könnte, wenn man denn wöllte.

Gerade bei Business-Netzwerken wird eine gewisse Seriösität erwartet. Allein die Klarnamen-Diskussion welche derzeit über G+ geführt wird zeigt mir, dass das Pflegen meiner geschäftlichen Kontakte hier nicht sinnvoll erscheint. Zumindest sehe ich das so. Auch diese lustigen Bilder von Katzen, diese animierten GIFs etc. möchte ich im geschäftlichen Umfeld nicht sehen. Ja ja, jetzt kommt gleich das Argument mit den Circles. Klar kann ich bestimmen welchem Kreis ich diese Nettigkeiten zukommen lasse. Bleiben hierbei nur die Fragen offen, ob a) jeder das Prinzip der Circles versteht und noch mehr ob b) jeder dieses auch beherzigt. Schon jetzt stelle ich fest, dass viele in meinen Kreisen den Grossteil ihrer Posts public stellen, also öffentlich. Das Circle-Prinzip ist gut, nur glaube ich, dass es die Masse nicht differenziert genug einsetzen wird.

Auch eine Gefährdung von Twitter durch Google+ sehe ich nicht. Wenn Google jemanden gefährden wöllte, dann primär wohl eher Facebook. Warum? Weil Google von Werbung lebt und das einzige Netzwerk, welches Google hier nenneswert Budgets „abjagen“ kann ist derzeit Facebook. Aber wie oben erwähnt sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt das Ganze als vollkommen voreilig an. Lasst uns doch abwarten, was Google in den kommenden Wochen und Monaten bringt, wie sich das Netzwerk entwickelt und vor allem was passiert, wenn neben den derzeit vertretenen Early Adoptern, Nerds, Geeks und SocialMedia-Ethusiasten (ich zähle mich hier durchaus dazu) auch der „normale“ Nutzer die Plattform entdeckt. Lasst uns abwarten wie diese Nutzergruppe mit dem Netzwerk zurecht kommt und vor allem wie es die Plattform nutzen möchte. Dies wird entscheidend sein für den Erfolg oder Misserfolg von Google+.

[Update 30.07.2011] Eine sehr lesenswerte Sicht auf das Thema, auch im Hinblick auf die geschäftliche Nutzung, hat Kai Fitzner mit seinem Artikel „Kreisverkehr – ist Google+ das bessere Facebook für Unternehmen?“ von den netmedianern verfasst.[/Update]

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